לֹא בְחַיִל וְלֹא בְכֹחַ כִּי אִם בְּרוּחִי אָמַר יְהוָה צְבָאוֹת
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Offener Brief an den Bayerischen Rundfunk

Es ist unbestritten, dass Deutschland eine besondere Verantwortung aus seiner Ge­schichte trägt - insbesondere im Hinblick auf den Holocaust und den Schutz jüdi­schen Lebens. Die Bezugnahme auf den Internationalen Gerichtshof in diesem Zu­sammenhang hat bei uns jedoch Irritation ausgelöst....
*Quelle: https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tagesthemen/video-1466166.html

15. Mai 2025

Sehr geehrte Frau von der Tann,

mit großem Interesse haben wir Ihren Kommentar in den Tagesthemen am Sonntag, 11. Mai 2025 zur aktuellen Situation im Gazastreifen sowie zur historischen Verant­wortung Deutschlands verfolgt.

Es ist unbestritten, dass Deutschland eine besondere Verantwortung aus seiner Ge­schichte trägt – insbesondere im Hinblick auf den Holocaust und den Schutz jüdi­schen Lebens. Ihre Bezugnahme auf den Internationalen Gerichtshof in diesem Zu­sammenhang hat bei uns jedoch Irritation ausgelöst. Denn durch die gewählte For­mulierung entsteht der Eindruck, als würden Sie Israels Reaktion auf das beispiellose Massaker vom 7. Oktober 2023 in einen direkten Vergleich mit den Verbrechen des Nationalsozialismus setzen.
Uns fehlt in Ihrer Darstellung die vollständige Einordnung der Lage, insbesondere die Erwähnung der über 1.200 Ermordeten am 7. Oktober, der brutalen Gewalt gegen Frauen und Kinder, sowie das Schicksal der Geiseln, von denen 58 bis heute noch in Gaza festgehalten werden. Auch die Tatsache, dass Hamas aus zivilen Gebieten agiert und auf der einen Seite die Zivilbevölkerung als Schutzschild missbraucht, aber auch von Teilen der Zivilbevölkerung unterstützt wird, spielt in Ihrer Darstellung offenbar keine Rolle. Ebenfalls wird nicht erwähnt, dass freigekommene Geiseln be­richten, dass sie von der Zivilbevölkerung festgehalten wurden.

Wir fragen uns daher, wie Sie Ihre Wortwahl erklären. Wir glauben, es ist gerade in diesen Zeiten wichtig, auch im Journalismus sorgfältig zu differenzieren und Verant­wortung für die Wirkung der eigenen Worte zu übernehmen – insbesondere, wenn es um ein Thema geht, das weltweit und auch in Deutschland tief emotional aufgeladen ist und in dem Antisemitismus wieder bedrohlich zunimmt – durch ihre geäußerte Meinung wird der israelbezogene Antisemitismus, den wir täglich erleben, legitimiert.

Mit freundlichen Grüßen

Synagogen-Gemeinde Köln
Der Vorstand